Tsipouro
Der Tsipouro ist ein griechischer Tresterbrand. Er entsteht aus weißen Rebsorten und ist je nach Erzeuger mit Anis aromatisiert. Aufgrund der Herstellung und des Aussehens trägt er bei vielen Kennern den Beinamen „italienischer Grappa“. Er entsteht durch das mindestens zweifache, mitunter dreifache Destillieren der Traubentrester und hat einen entsprechend hohen Alkoholgehalt. Der schwankt je nach Sorte zwischen 40 und 45 %.
Herstellung von Tsipouro
Die Trester sind die Reste, die beim Pressen von Weintrauben entstehen. Die Ursprünge des Tresterbrands gehen wahrscheinlich bis in das Mittelalter auf Mönche am Berg Athos zurück. Fest steht, dass die griechischen Weinbauern seit Jahrhunderten Tsipouro destillieren. Klassischerweise brennen die Winzer ihn im Herbst. Der Trester vergärt etwa einen Monat lang und dann erfolgt die Destillation. Eine Bedingung ist die zweifache Destillation. Nach der ersten Destillation der Traubentrester entsteht Souma. Souma ist in manchen griechischen Regionen ebenfalls ein beliebtes Getränk. Durch die zweite Destillation entwickeln sich ein höherer Alkoholgehalt und eine klarere Spirituose. Manche Hersteller destillieren ihn ein drittes Mal für eine noch höhere Reinheit. Der Geschmack unterscheidet sich durch die verwendeten Traubentrester und die überlieferten Rezepte. Je nach Region ist die Spirituose mit Anis aromatisiert. Die Aromatisierung erfolgt bei der zweiten Destillation. Neben Anis kommt teilweise Fenchel zum Einsatz. In der Herstellung und im Aroma unterscheidet sich Tsipouro deutlich vom Ouzo. Denn Ouzo ist immer mit Anis aromatisiert und entsteht aus Alkohol.
Tsipouro als typisch griechisches Getränk
Der Tsipouro gilt in Griechenland als Klassiker unter den Selbstgebrannten und als „Bauernschnaps“. Bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts war es üblich, ihn privat herzustellen und der Verkauf war verboten. Eine Ausnahme dieses Gesetzes betraf Winzer in bestimmten Regionen: Ihnen war es erlaubt, den Tsipouro an zwei Tagen im Jahr zu verkaufen. Dadurch entstand der Begriff „Zwei-Tage-Brennereien“. Die Zeiten änderten sich und die griechische Regierung erließ ein Gesetz, dass den Tsipouro als traditionelles Produkt festschrieb. Dadurch sind der Verkauf und die kommerzielle und professionelle Produktion mittlerweile erlaubt. Inzwischen sind Tsipouro und Tsikoudia geschützte Begriffe, die sich auf die griechische Herkunft beziehen.
Es gibt noch zahlreiche griechische Dörfer und Regionen, in denen der Tsipouro zum Selbstverbrauch entsteht. Für Touristen in Griechenland bieten diese privaten Brennereien mitunter kulinarische Entdeckungen und zugleich Gefahren aufgrund der Qualität des Gebrannten. Viele Destillerien pflegen die Prozedur für den Tsipouro über Generationen hinweg. Auf die hauseigenen Rezepte sind die herstellenden Familien entsprechend stolz. Wo der griechische Tresterbrand seinen Ursprung nahm, ist nicht einwandfrei geklärt. Mittlerweile entsteht er in ganz Griechenland und vor allem in den Weinanbaugebieten in den Regionen Mazedonien, Epirus, Thessalien und Kreta. Der auf Kreta entstehende Tsikoudia entspricht in der Herstellung dem Tsipouro. In Kreta ist neben Tsikoudia mitunter die Bezeichnung Raki üblich. Im Vergleich zum kretischen Raki enthält der türkische Raki Anis, sodass die beiden Sorten nicht zu verwechseln sind. Auf Kreta und rund um die Region Epirus entsteht der Tsipouro ohne Beigabe von Anis. In Thessalien und Mazedonien ist Anis als Aroma in der Spirituose verbreitet. Als bekannteste Region für Tsipouro gilt Thessalien mit der Hafenstadt Volos.
Wie schmeckt Tsipouro?
Den einen typischen Tsipouro-Geschmack gibt es nicht. Der Geschmack hängt von vielen Faktoren ab: Die Sorten der zugrunde liegenden Traubentrester, der Prozess der Destillation und etwaige hinzugefügte Aromen beeinflussen den Eigengeschmack. Je nach Tradition ist Tsipouro mit Anis oder Fenchel aromatisiert. Das führt zu einer würzigeren Note. In manchen Regionen sind Safran und Walnussblätter Teil der Aromatisierung. Dementsprechend vielfältig sind die Geschmäcker von Tsipouro. Es lohnt sich, die verschiedenen regionalen Produkte zu testen und die Aromen zu vergleichen.
Ist er nicht aromatisiert, lassen sich die Fruchtnoten der Trauben besser schmecken. Ein junger Tsipouro schmeckt fruchtiger als ein länger gelagerter und gereifter. Manche Hersteller greifen nur auf eine Traubensorte bei dem Trester zurück, um den Geschmack zu verfeinern. In solchen Fällen ist das Aroma stärker abhängig von der Rebsorte, dem Anbaugebiet und dessen Boden. Diese fruchtige Note ist trotz des hohen Alkoholgehalts sanft genug, um die Spirituose als Beigabe für Cocktails zu verwenden. Die geschmackliche Vielfalt ist beeinflusst von der Region, der Destillation, der Aromatisierung und auch der Lagerung. Eine Eigenheit mancher Hersteller, die beispielsweise das Aroma würziger und rauchiger gestaltet, ist die Reifung in Eichenholzfässern.
Die Herstellung und Zugabe von Gewürzen beeinflusst auch das Aussehen. Seine Farbe reicht von klar und transparent bis zu milchig oder gelb. Mit Anis versetzt erinnert in seiner Färbung an Ouzo. Die Farbe sagt daher nichts über die Qualität aus.
Wie trinkt man ihn?
Gekühlt, in Zimmertemperatur oder verdünnt – beim Trinken des Tsipouro gibt es in Griechenland nur eine Regel: gemeinsam genießen. Er dient als Digestif ebenso wie als Aperitif oder Begleiter beim Essen. Als Aperitif und zum Essen ist er üblicherweise gekühlt oder mit Eis zu trinken. Die dazu passenden Gläser sind klein. Es ist durchaus anerkannt, den Tsipouro mit Wasser zu verdünnen, um den Alkohol abzuschwächen.
Tsipouradika sind Tavernen, die sich speziell auf Tsipouro spezialisiert haben. Dort kommt der Schnaps in Kombination mit kleinen Speisen, den bekannten griechischen Mezedes. In authentischen Tsipouradikas bestellen Gäste nur den Tsipouro und die dazu passenden Speisen wählt der Koch. Das Einzige, was die Gäste wählen können, ist, ob sie die Spirituose mit oder ohne Anis bevorzugen. Aufgrund seines Geschmacks passt er gut zu griechischen Snacks wie Oliven, Nüssen, Käse oder Meeresfrüchten.
In der griechischen Tradition ist der Tsipouro ein Hausmittel bei Erkältungen und Verdauungsproblemen. Die wissenschaftliche Belegbarkeit für seine Wirkung sei dahingestellt. Eine weitere Variante der Zubereitung, die bei kühlen Temperaturen zum Einsatz kommt, ist der warme Tsipouro. Dabei kochen Griechen die Spirituose zusammen mit Honig, Nelken und Zimt. Dieses Getränk ist unter dem Namen Rakomelo bekannt. Bei Cocktails mit Tsipouro kommt er vor allem in seiner nicht aromatisierten Variante als fruchtig-saure Komponente zum Einsatz.